An meine Mutter
Zum Preise Deiner Zärtlichkeit
Sei, Mutter, Dir dies Lied geweiht,
O lass es Dir gefallen!
Vernahmest Du nicht hocherfreut
Einst auch mein erstes Lallen?
Bei meiner Wiege weiltest Du
Und lächeltest mir Wonne zu;
Süß schallten Deine Lieder;
Und leise kam zu mir die Ruh,
Durch sie gelockt, hernieder.
Du leitetest liebkosend mich
Am Gängelband, als wankend ich
Die ersten Tritte wagte.
Wie liebevoll geschah durch Dich,
Was Dir mein Lallen sagte!
Kaum zeigte sich das junge Jahr,
So reichtest Du mir Blumen dar,
Die Schläfe zu bekränzen;
Ich sah Dein freundlich’ Augenpaar
Wie Sterne, mich beglänzen.
Mit Dir besucht’ ich lusterfüllt
Den Hain, das prangende Gefild’,
Den Silberbach, die Weide;
Doch fröhlich ward für mich verhüllt
Das schöne Weltgebäude.
Ich weinte laut. „O, weine nicht!
„Ich bin dein Auge, bin dein Licht!“
Sprachst Du mit sanften Tönen,
Und küsstest mir vom Angesicht
Der Wehmut bittre Tränen.
Durch Deinen Trost, durch Deinen Scherz
Ließ ich mich mit dem grimmen Schmerz
Nach kurzem Kampf versöhnen;
Und Du bewahrtest treu mein Herz
Dem Guten und dem Schönen.
Süß tönet mir des Bächleins Fall;
Und beim Gesang der Nachtigall
Verweil’ ich manche Stunde;
Doch süßer tönet mir der Schall
Aus Deinem holden Munde.
Und fröhlich, wie der liebe Mai,
Hüpft meine Jugend mir vorbei
Durch Deine Mutterpflege:
O leite ferner mich getreu
Auf meinem dunkeln Wege!
Dir dankt mein kindliches Gemüt,
Gern hörest Du mein frohes Lied,
Wie einst mein erstes Lallen;
Mein Herz soll immerdar entglüht
Von Kindesliebe wallen.