Mahnbrief

Das Sprichwort sagt: Der Hunger treibt
Den Wolf aus den Gebüschen,
Zu sehen, ob nicht irgendwo
Ein Schäfchen zu erwischen.

„Das Sprichwort ist mir wohl bekannt“,
Entgegnen Sie und fragen:
„Was aber geht dies Wort mich an?
„Was will der Dichter sagen?“

Der Zustand ungestörter Ruh
Ist mit dem Busch gemeinet;
Der Wolf bin ich, mich treibt’s hinaus,
So dicht er sei umzäunet.

Doch was mich aus dem Busche treibt,
Ist nicht ein leerer Magen;
Des Beutels Leere stört allein
Mein ruhig Wohlbehagen.

Und jene Schafe, lieber Freund,
Auf die ich Jagd will machen,
Sind meine Schuldner; — dieses Bild
Reizt Sie gewiss zum Lachen.

Verzeihen Sie, wenn’s mir beliebt,
Auch Sie ein Schaf zu schelten;
Beliebt ich doch auch selber hier
Für einen Wolf zu gelten.

Doch bin ich kein gemeiner Wolf,
Der fordert Blut und Leben;
Mir darf das Schaf ein wenig nur
Von seiner Wolle geben.

Auch unterscheid’ ich höflich fein
Sie von gemeinen Schafen.
Wie wir, so spielen Wolf und Lamm
Auch Fürsten oft und Grafen.