Gruß an Fräulein Agnes Franz
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Fremd, Hochverehrte, bin ich deinen Blicken,
Fremd tönt auch Deine Stimme meinem Ohr;
Doch wirst Du gern süßredend mich beglücken,
Mich, der so viel, unendlich viel verlor!
Zu guten Menschen, die mich froh begrüßen,
Führt nah und fern mich Gottes Vaterhand;
Sie sind es, die mein Glück, mein Leid versüßen,
Sind Engel mir schon hier im ird’schen Land.
Gott lenkt und führt des Erdenpilgers Schritte,
Wie dort der Sonnen ungestörten Lauf.
Zu Dir auch lenkt er liebend meine Tritte;
Nimm, Gute, nimm den Fremdling freundlich auf!
Ja fremd, und doch nicht fremd sind wir uns beide,
Schon hab’ ich oft im Geist bei Dir verweilt,
Und manchen Trost und manche süße Freude,
O fromme Sängerin! mit Dir geteilt.
Sanft hat Dein Lied wich oft emporgehoben
Zu jenem Lande, das wir hoffend sehn,
Wo nach der Erdenstürme wildem Toben
Der Ruhe Palmen uns entgegen wehn;
Zum Lande, das mit namenloser Wonne
All unser Sehnen, unser Hoffen stillt,
Wo einst auch mir sich Gottes hehre Sonne,
Der Lieben teures Antlitz sich, enthüllt.
Durch Deine Lieder hat in weiter Ferne
Dein edles Herz sich längst mir offenbart,
Drum hab’ ich oft, gleich einem schonen Sterne,
An meinem dunkeln Himmel Dich gewahrt.
Wohl hörtest Du auch meine Leier tönen,
Nähmst freundlich Teil an meinem Glück und Leid,
Und hast vielleicht die schönste aller Tränen,
Des Mitgefühls, mir, unbekannt geweiht.
O wohl mir, wenn der Gruß aus meinem Munde
Sanft Deines Herzens reine Saiten rührt!
Dann preis’ ich froh und glücklich diese Stunde,
Die heute mich in Deine Nähe führt.
Nimm, Holde, nimm in diesem kleinen Liede
Den Wunsch, den ich Dir weihe, gütig an:
Begleiten möge Gottes Huld und Friede
Dich überall auf Deiner edlen Bahn!