Gedichte

Gedichte nach 1800

Der Abschied

Trennen wollten wir uns? wähnten es gut und klug?
   Da wirs taten, warum schröckte, wie Mord, die Tat?
         Ach! wir kennen uns wenig,
               Denn es waltet ein Gott in uns.

Den verraten? ach ihn, welcher uns alles erst,
   Sinn und Leben erschuf, ihn, den beseelenden
         Schutzgott unserer Liebe,
               Dies, dies Eine vermag ich nicht.

Aber anderen Fehl denket der Menschen Sinn,
   Andern ehernen Dienst übt er und anders Recht,
         Und es fodert die Seele
               Tag für Tag der Gebrauch uns ab.

Wohl! ich wußt' es zuvor. Seit der gewurzelte
   Allentzweiende Haß Götter und Menschen trennt,
         Muß, mit Blut sie zu sühnen,
               Muß der Liebenden Herz vergehn.

Laß mich schweigen! o laß nimmer von nun an mich
   Dieses Tödliche sehn, daß ich im Frieden doch
         Hin ins Einsame ziehe,
               Und noch unser der Abschied sei!

Reich die Schale mir selbst, daß ich des rettenden
   Heilgen Giftes genug, daß ich des Lethetranks
         Mit dir trinke, daß alles,
               Haß und Liebe, vergessen sei!

Hingehn will ich. Vielleicht seh' ich in langer Zeit
   Diotima! dich hier. Aber verblutet ist
         Dann das Wünschen und friedlich
               Gleich den Seligen, fremd sind wir,

Und ein ruhig Gespräch führet uns auf und ab,
   Sinnend, zögernd, doch itzt faßt die Vergessenen
         Hier die Stelle des Abschieds,
               Es erwarmet ein Herz in uns,

Staunend seh' ich dich an, Stimmen und süßen Sang,
   Wie aus voriger Zeit, hör' ich und Saitenspiel,
         Und befreiet, in Lüfte
               Fliegt in Flammen der Geist uns auf.