Jacques Louis David

Jacques-Louis David (1748–1825) zählt zu den bedeutendsten Malern des französischen Klassizismus und war ein einflussreicher visueller Gestalter der Revolutions- und Napoleonzeit.

Seine Werke prägten nicht nur das ästhetische Ideal einer ganzen Epoche, sondern dienten zugleich als politisches Ausdrucksmittel im Dienst wechselnder Regime – von der Französischen Revolution über das Konsulat bis zum Kaiserreich Napoleons I. Mit Gemälden wie Der Schwur der Horatier (1784), Der Tod des Marat (1793) oder dem Krönungsgemälde Napoleons (1807) schuf David ikonische Bildformeln der Moderne.

Als Mitglied des Jakobinerclubs und später als offizieller Hofmaler Napoleons verband er künstlerisches Schaffen mit machtvoller Bildpolitik. Nach der Restauration lebte er im Exil in Brüssel, wo er 1825 verstarb.

2. Der lustige Geselle

        Die Sonn die ist verblichen,
        Die Stern sind aufgegangn,
        Die Nacht, die kommt geschlichen,
        Frau Nachtigal mit ihrem Sang,
        Der Mond ist aufgegangen,
        Da ruft ein Wächter gut:
        »Und welcher hat Verlangen,
        Und ist mit Lieb umfangen,
        Der mach sich auf die Fahrt!«

        Das erhöret ein Geselle,
        Der schreit dem Wächter zu:
        »Ach Wächter traut Geselle,
        Gib deinen Rath dazu,
        Wie ich das soll angreifen,
        Daß ich käm vor die Thür?«
        »Gar heimlich sollst du schleichen,
        Ehe der Wächter thät pfeifen,
        Daß man dich gar nicht spür.«

        Der Knab trat gar verborgen,
        Vor ihr Schlafkämmerlein,
        Er sprach zu ihr mit Sorgen:
        »Zart schönes Jungfräulein,
        Neu Mehr will ich euch sagen,
        Da ist kein Zweifel an,
        Es lieget einer im Hage,
        Der führt ein schwere Klage,
        Es mag euer Buhle seyn.«

        Die Jungfrau sprach mit Sinnen:
        »Es hat dich sonst gedeucht,
        Der Mond hat mir geschienen,
        Die Stern han mir geleucht.«
        »Der Mond der hat geschienen,
        O zartes Jungfräulein,
        Er liegt in grüner Aue,
        Sein Leib ist ihm zerhauen,
        In großen Treuen zwar.«

        Die Jungfrau schrack gar sehre,
        Ihr Herz war Leides voll,
        Sie wollt kein Freud mehr hören,
        Die Botschaft schmerzt ihr wohl,
        Ein Hemd thät sie umschnüren,
        Ein Hemdlein, das war weiß,
        Den Knaben sie erblicket,
        Ihr Herz vor Freud erquicket,
        Gehrt ihn mit ganzem Fleiß.

        Der Knab der thät sich schmiegen,
        Gar freundlich an ihre Brust,
        Sie thät den Knaben drücken
        Mit ihrem freundlichen Kuß,
        Der Knab fing an zu ringen
        Mit der Jungfrauen zart,
        Der Wächter an den Zinnen,
        Fing an ein Lied zu singen,
        Ein schöne Tageweiß:

        »Gesegn dich Gott im Herzen,
        Zart edles Fräuelein,
        Du bringst meinem Herzen Schmerzen,
        Es mag nicht anders seyn,
        Von dir muß ich mich scheiden,
        Zart edles Fräuelein,
        Ich schwing mich über Heiden,
        In Braun will ich mich kleiden,
        Durch Veil und grünen Klee.«