Charles Ewart
* 00.00.1769 in Kilmarnock bei Ayrshire
† 23.03.1846 in Davyhulme bei Greater Manchester

Charles Ewart wurde im Jahre 1769 vermutlich auf der Biddles Farm im ländlichen Raum von Kilmarnock, Ayrshire, geboren. Über seine Kindheit und Jugend ist wenig bekannt.
Er erlernte in seiner Jugend zunächst das Handwerk eines Webers, wie es in der vorindustriellen Zeit in Ayrshire weit üblich war.
Auf Grund seiner überragenden Größe von 6 Fuß und vier Zoll - was 1,93 Metern entspricht - und seiner körperlichen Kraft war Ewart für den Soldatenberuf prädestiniert. So trat er 1789 in das renommierte und traditionelle 2nd Royal North British Dragons ein. Das Regiment war auch als die Scots Greys bekannt und gehörte zur schweren englischen Kavallerie.
Zwischen 1793 und 1795 nahm er an den Kämpfen gegen das revolutionäre Frankreich in Flandern teil, wo der Duke of York ein Expeditionskorps englisches kommandierte.
Eine rührende, wenngleich nicht eindeutig belegte Anekdote erzählt, dass Ewart während eines Rückzugs bei winterlichem Wetter ein weinendes Baby neben seiner toten Mutter im Schnee fand. Er brachte das Kind zu einer Amme und rettete ihm so das Leben. Viele Jahre später soll sich der Vater des Kindes bei Ewart mit einer silbernen Uhr bedankt haben. Diese Geschichte wurde erstmals in den 1830er Jahren von Historiker James Paterson niedergeschrieben.
Er geriet in Gefangenschaft, konnte jedoch fliehen, wie es in vielen Memoarien nachzulesen ist. Nachweise in den Unterlagen des Regiments fehlen jedoch. Im November 1795 zog sich das englische Expeditionskorps über Bremen in die Heimat zurück.
Nach der Rückkehr der Scots Grey versah das Regiment fast 20 Jahre Garnisonsdienst auf der britischen Insel und in Irland.
Ewart wurde aufgrund seiner Erfahrung und Fähigkeiten zum Sergeant befördert und fungierte zusätzlich als Schwertmeister (fencing master) seines Regiments – eine Funktion, die sowohl für die Ausbildung als auch für die Moral der Truppe von zentraler Bedeutung war.
Erst nachdem Napoléon am 15.06.1815 die französische Grenze in Richtung der Niederlande überschritt traf Ney bei Quadre Bras folgenden Tag auf Wellingtons Truppen, die sich noch im Aufmarsch befanden. Es entbrannte eine blutige Schlacht und die zur Unterstützung angeforderte Union Brigade erreichte das Schlachtfeld erst nach geschlagener Schlacht. Nachdem Wellington auch vom französischen Sieg über die verbündeten preußischen Truppen unter Blüchers Befehl erfuhr, blieb ihm nichts anderes übrig, als sich auf die Höhen von Mont-Saint-Jean und das Dorf Waterloo zurückzuziehen. Die Scots Grey deckten den Rückzug der britisch-niederländischen Hauptarmee erfolgreich.
Die historische Stunde des Charles Ewart schlug jedoch während der Schlacht bei Waterloo, in der Napoléon Bonaparte endgültig besiegt wurde.
Er gehörte zu dieser Zeit der Union Brigade, die unter dem Kommando des Generalmajors Sir William Ponsonby stand, und wurde aus den Royal Dragoons, den Inniskilling Dragoons und den Scots Greys gebildet. Die Brigade wurde als Reserve gehalten, da sie insgesamt als unerfahren galt. Sie erhielt den Befehl, die französischen Linien zu durchbrechen, als sich die britische Infanterie unter schwerem Druck befand.
Die Scots Grey marschierten im geordneten Tempo durch die eigenen Reihen und richtete dich gegen das 45é Régiment de Ligne, das sich in Kolonnenformation bewegte. Inmitten des Nahkampfs drang Sergeant Ewart tief in die feindlichen Reihen vor und tötete mehrere Soldaten im direkten Gefecht und entriss schließlich dem feindlichen Träger den begehrten Adler (Aigle) – das militärische Standessymbol der französischen Regimenter.
Ewart selbst schilderte den Kampf später in lebhafter Sprache in einen Brief an seinen Bruder unmittelbar nach der Schlacht:
Es war bei dem ersten Angriff, als ich dem Feind den Adler abnahm; er und ich hatten einen harten Kampf darum; er stach auf meine Leisten – ich parierte den Stoß und hieb ihm den Kopf durch; danach wurde ich von einem ihrer Lanzenträger angegriffen, der seine Lanze auf mich warf, aber sie verfehlte ihr Ziel, da ich sie mit meinem Schwert zur Seite abwehrte; daraufhin schnitt ich ihm von der Kinnpartie aufwärts, ein Schnitt, der bis durch seine Zähne ging. Dann wurde ich von einem Fußsoldaten angegriffen, der, nachdem er auf mich geschossen hatte, mit seinem Bajonett auf mich stürmte; aber auch er verlor den Kampf sehr schnell, denn ich parierte seinen Angriff und schlug ihm den Kopf ab; so war der Kampf um den Adler beendet. Danach wollte ich mit dem Adler in der Hand meinen Kameraden folgen, doch der General hielt mich an und sagte zu mir: 'Du tapferer Kerl, nimm das und bringe es nach hinten; du hast genug getan, bis du es los bist', was ich widerwillig tat. Ich zog mich auf eine Anhöhe zurück und stand dort über eine Stunde, was mir einen allgemeinen Blick auf das Schlachtfeld verschaffte, aber ich kann den Anblick, den ich dort erlebte, nicht beschreiben; die Leichen meiner tapferen Kameraden lagen so dicht auf dem Feld, dass es kaum möglich war, hindurchzugehen, und zahllose Pferde. Ich nahm den Adler in Brüssel entgegen, unter dem Beifall von Tausenden der Zuschauer, die es sahen.
Die Eroberung eines französischen Adlers war ein symbolischer Triumph – für Napoleon war das Emblem ebenso bedeutend wie einst die Legionsadler im alten Rom. Für die Briten war Ewarts Tat ein Sieg der Disziplin und des persönlichen Mutes.
Im Jahr 1816 wurde Ewart als Belohnung für seine Tat in den Rang eines Ensign erhoben – ein ungewöhnlicher Vorgang für einen einfachen Sergeant. Er wurde dem 5th Royal Veteran Bataillon zugewiesen, einer Einheit von Kriegsveteranen, die überwiegend zeremonielle und garnisonsmäßige Aufgaben wahrnahm. Nach dessen Auflösung im Jahr 1821 trat Ewart in den Ruhestand und ließ sich in Salford nahe Manchester nieder. Dort war er unter anderem als Fechtlehrer tätig.
In Schottland wurde er mehrfach geehrt. Bei einer Veranstaltung zu seinen Ehren in Edinburgh – an der auch der schottische Schriftsteller Sir Walter Scott teilnahm – soll Ewart gesagt haben:
Ich würde lieber nochmals die Schlacht schlagen, als vor dieser versammelten Gesellschaft eine Rede zu halten.
Charles Ewart starb am 22.03.1846 in Davyhulme bei Greater Manchester. Er wurde zunächst auf dem Gelände der New Jerusalem Chapel in Salford bestattet. Im Laufe der Jahrzehnte geriet seine Grabstätte jedoch in Vergessenheit.
Erst im Jahre 1938, nach intensiven Nachforschungen, wurde sein Leichnam exhumiert und mit militärischen Ehren nach Edinburgh überführt. Seine neue Ruhestätte befindet sich heute prominent auf der Castle Esplanade, nahe dem Edinburgh Castle – ein Ort, an dem täglich Touristen und Soldaten vorbeiziehen.
Nahebei befindet sich das Royal Scots Dragoon Guards Museum, in dem auch der erbeutete Adler, sein Schwert und andere Erinnerungsstücke ausgestellt sind. Ein gleichnamiger Pub – »The Ensign Ewart« – wurde in Sichtweite des Grabes eröffnet.
Charles Ewart gilt in Großbritannien bis heute als Nationalheld. Seine Tat wurde zum festen Bestandteil der Regimentsgeschichte der Scots Greys und ihrer Nachfolgeeinheit, der Royal Scots Dragoon Guards. Seine Geschichte wurde in Büchern, Bildern und historischen Darstellungen vielfach rezipiert – als Symbol für persönlichen Mut, soldatische Tugend und patriotischen Einsatz.
Normdaten
VIAF: Kein Eintrag
GND: Kein Eintrag
LCCN: Kein Eintrag