Fanny de Bauharnais

* 04.10.1737 in Paris
† 02.07.1813 in Paris

Marie-Anne-Françoise Mouchard, besser bekannt als Fanny de Beauharnais, wurde am 04.10.1737 in Paris geboren. Sie war die Tochter des königlichen Finanzbeamten François-Abraham-Marie Mouchard, Seigneur de La Garde, und seiner Ehefrau Anne-Louise Lazur, die früh verstarb.

Nach dem frühen Tod ihrer Mutter wurde Fanny de Beauharnais bereits im Alter von etwa zweieinhalb Jahren in das Kloster der Visitandinnen in der Rue Saint-Antoine in Paris gegeben, wo sie bis zu ihrer Heirat im März 1753 verblieb. Die Visitandinnen, ein von Jeanne de Chantal gegründeter Orden, waren für die Erziehung junger Mädchen aus dem Hochadel bekannt. Dort lernte Fanny neben der Religion auch Lesen, Schreiben, moralphilosophische Grundsätze und klassische Literatur kennen – eine für Frauen damals nicht selbstverständliche Bildung. Bereits in jungen Jahren begann sie, Verse zu schreiben. Ihre poetischen Talente zeigten sich früh und wurden offenbar mit großer Leidenschaft verfolgt. Die Reaktion der Klosterleitung fiel jedoch restriktiv aus: Überliefert ist, dass Nonnen einige ihrer Gedichte verbrannten, um sie von „unsittlichen und eitlen Träumereien“ abzuhalten. Diese Erfahrung prägte Fanny tief. In ihren späteren Schriften kehrte sie immer wieder zur Frage weiblicher Selbstbehauptung zurück – ein Reflex auf diese frühe Unterdrückung literarischen Ausdruck.

Im Alter von nur 16 Jahren, im Jahr 1753, wurde sie mit Claude de Beauharnais (1717–1784) verheiratet, einem Marineoffizier aus dem niederen Adel und Onkel der späteren Kaiserin Joséphine de Beauharnais. Die Ehe war arrangiert, und bereits bald stellte sich heraus, dass sie unglücklich verlaufen sollte. Dennoch gingen aus der Verbindung drei Kinder Claude de Beauharnais (1756–1819), Pair von Frankreich, Vater der späteren Großherzogin  Stéphanie von Baden, Françoise de Beauharnais (1757–1822), verheiratet mit François VI. de Beauharnais, Mutter u. a. der Hofdame Émilie de Beauharnais sowie Anne de Beauharnais (1760–1831), verheiratet mit dem Vicomte de Barral.

Nach der Geburt ihrer Kinder und zunehmender Entfremdung von ihrem Gatten trennte sich Fanny de Beauharnais schließlich faktisch von ihm und lebte seit den 1760er Jahren getrennt in Paris. Dort widmete sie sich der Literatur und stieg zu einer der bemerkenswertesten Intellektuellen ihrer Zeit auf.

In den 1770er Jahren begann sie, eigene Werke zu veröffentlichen, darunter poetische, philosophische und erzählende Literatur. Ihre ersten Gedichtbände erschienen unter dem Titel »Mélanges de poésies fugitives« (1772) und spiegeln ihre Auseinandersetzung mit Moral, Gefühl und weiblicher Existenz wider. Bekannt wurde sie insbesondere durch ihre »Épîtres« (»Episteln«), in denen sie in dichterischer Form gesellschaftliche und geschlechterspezifische Fragen ansprach. Hervorzuheben ist dabei die »Épître aux femmes«, in der sie deutlich gegen die Diskriminierung der Frau Stellung bezog – eine mutige Position in einer Gesellschaft, die Frauen im intellektuellen Diskurs kaum ernst nahm.

Ihr literarisches Wirken war untrennbar verbunden mit ihrem Pariser Salon, der sich in der Rue de Tournon und später in der Rue Montmartre befand. Dieser Salon entwickelte sich zu einem der angesehensten literarischen Treffpunkte vor der Französischen Revolution. Fanny de Beauharnais gelang es, einen Raum zu schaffen, in dem neben höfischen Konversationen vor allem intellektueller Austausch gepflegt wurde.

Zu den regelmäßigen Gästen zählten Claude-Joseph Dorat, Michel de Cubières sowie der Schriftsteller Rétif de la Bretonne, den sie auch finanziell unterstützte. Ihr Salon war dabei nicht nur eine Bühne für männliche Literaten, sondern bot auch Frauen ein seltenes Forum für Bildung und geistige Artikulation – eine »république des lettres privée«, wie es zeitgenössisch genannt wurde.

Der Wandel des Salonwesens von der höfischen Repräsentation hin zu einem intellektuellen Ort, in dem kritische Ideen und aufklärerische Konzepte zirkulierten, spiegelte sich besonders deutlich in ihrer Gastgeberinnenrolle wider. Fanny de Beauharnais nahm dabei bewusst eine aktive, fördernde Rolle ein und war selbst als Autorin präsent.

Fanny de Beauharnais verfasste zahlreiche Werke in Prosa und Vers, in denen sie die gesellschaftlichen und moralischen Fragen ihrer Zeit aufgriff. Ihr erster größerer Erfolg war der Briefroman »Lettres de Stéphanie« (1773), der im Geiste der Empfindsamkeit verfasst wurde und die Gefühlswelt einer jungen Frau in den Mittelpunkt rückte. Mit der Erzählung »Le Cabriolet« (1784) übte sie satirische Kritik an Eitelkeit und gesellschaftlicher Oberflächlichkeit. In ihren orientalisch angehauchten Novellen wie »Zabhet« (1775) bediente sie sich der Mode des Exotismus, um philosophische Reflexionen zu verpacken, während »Volsidor et Zulménie« (1776/1787) allegorisch eine moralische Liebesgeschichte erzählt. Ihr Theaterstück »La Fausse inconstance« (1787), eine Komödie über Verstellung und Schein, wurde zwar aufgeführt, hatte aber nur mäßigen Erfolg.

In der Zeit nach der Französischen Revolution wandte sich Fanny der allegorischen Dichtung zu. In »L’Île de la Félicité« (1801) entwarf sie ein utopisches Idealbild gesellschaftlicher Harmonie. »Le Voyage de Zizi et d’Azor« (1811) hingegen ist eine beißende Satire auf das sittenlose Paris ihrer Zeit. Besonders bemerkenswert ist ihr feministisches Engagement, das sich etwa in ihrer »Épître aux femmes« oder der programmatischen Schrift »Sur la situation et les droits de la femme« manifestiert – beide Texte gelten als frühe Beiträge zur Emanzipationsdebatte in Frankreich. –Letzteres sollte posthum großen Einfluss auf die frühe französische Frauenbewegung ausüben.

Die Umbrüche der Französischen Revolution betrafen Fanny de Beauharnais auch persönlich. Kurzzeitig geriet sie ins Visier der Revolutionäre, wurde verhaftet und emigrierte zeitweise nach Italien. Doch bereits um 1790 kehrte sie nach Paris zurück und nahm ihre literarische Tätigkeit wieder auf. Während des Konsulats und Empire trat sie öffentlich kaum noch hervor. Ihr Salon verlor an Bedeutung, doch blieb sie durch ihre familiären Beziehungen – etwa zur Großherzogin Stéphanie – auch in napoleonischer Zeit gesellschaftlich präsent.

Fanny de Beauharnais verstarb am 02.07.1813 in Paris. Ihre letzten Lebensjahre verbrachte sie zurückgezogen in der Rue Saint-Dominique. Ihre Grabstätte ist heute unbekannt – ein symbolischer Hinweis auf das Vergessenwerden vieler weiblicher Stimmen ihrer Epoche.

Ihre Bedeutung liegt vor allem in ihrer Rolle als literarische Pionierin: als eine der wenigen Frauen ihrer Zeit, die sich als Schriftstellerin öffentlich behauptete, als Salonnière, die kulturellen Austausch pflegte, und als Stimme für das intellektuelle und soziale Selbstbewusstsein der Frau im Zeitalter der Aufklärung. Zudem war sie über ihre Nachkommen in den Hochadel Europas eingebunden: als Großmutter der badischen Großherzogin Stéphanie de Beauharnais ist sie eine Ahnherrin des Hauses Baden sowie der späteren Monarchien in Belgien und Luxemburg.

Poetische Werke:

  • Werke von Madame Gräfin von Beauharnais , Paris, 1772.
  • Mischungen aus flüchtiger Poesie und Prosa ohne Konsequenz , 2 Bände, Frontispiz und Figuren gestochen von Emmanuel-Jean-Népomucène De Ghendt , François Godefroy , Pierre Adrien Le Beau , François Denis Née und Nicolas Ponce nach Clément-Pierre Marillier , Delalain, Amsterdam, 1776.
  • Die Insel des Glücks oder Anaxis und Theone, philosophisches Gedicht in drei Gesängen; eingeleitet durch einen Brief an die Frauen: von Madame Fanny Beauharnais, Autorin des Briefes an die Männer; und gefolgt von einigen flüchtigen Gedichten , Masson libr., Paris, Jahr IX der Republik
  • Elegie auf den Tod Ihrer Hoheit Prinzessin La Leyen, angekommen am 4. Juli 1810
  • La Cyn-Achantide, or the Voyage of Zizi and Azor, Gedicht in fünf Büchern , Houzé, Paris, 1811

Normdaten

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